09.03.2009
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C6H5(NH2)CH3
Mit dieser Formel fing sie an - die kleine Odyssee durch chemische Verbindungen und atomphysikalische Gesetze.
Und dies nicht ganz ohne wissenschaftlichem Ernst - geistert doch diese Formel als universelle Lösung zur Frage nach dem Wesen der Liebe durch das weltweite Datennetz.
Aber beginnen wir am Anfang.
In einem Buch dieses Namens (Autorin: Elke Heidenreich) fand Wolfgang Schmidt-Sielex eines Tages den folgenden Hinweis:
C6H5(NH2)CH3
Chemische Substanz, die im Gehirn das Liebessyndrom auslöst.
Aha - so einfach also. Das vermeintlich größte Gefühl reduzierte sich tatsächlich auf diese kleine Ansammlung von Buchstaben und Zahlen.
Im Dialog mit einer Nachbarin über die Formel begann diese, lustige geometrische Formen auf ein Stück Papier zu kritzeln. Sie startete mit einem Sechseck, zum Teil mit doppelten Linien, und einer Abzweigung, an die die Buchstaben N, H und C gehängt wurden. Dabei murmelte sie etwas von Doppelbindungen und endete mit Worten, so ähnlich wie: "Also irgendwie fehlt da was."
Sofern sie diese Montagsseiten bereits über einen längeren Zeitraum verfolgen, kennen Sie ein Phänomen der Schmidt-Sielex-Natur. Vermeintlich belanglose Fragen werden zum Problemfall erhoben.
Aber was sollte er auch tun? Es geht hier schließlich um die Liebe! Und um die Ergründung derselben. Also ran ans Werk!
In den Schubladen der Erinnerung kramend, rekapitulierte Wolfgang folgendes Wissen:
Aus dem Periodensystem ergänzt Wolfgang sein Wissen über die Ordnungszahlen chemischer Elemente (und damit der Anzahl der Elektronen eines Atoms) zu:
Mit diesem Grundwissen lässt sich Lego spielen - und das auf atomarer Ebene.
Dem Wasserstoffatom (H) fehlt ein einzelnes Elektron für die erste Schale, Kohlenstoff (C) benötigt vier weitere Elektronen zum Füllen der zweiten Schale, beim Stickstoff (N) fehlen noch drei Elektronen.
Hoffnungsvoll machte sich Wolfgang auf die Suche nach den Verbindungen, die sechs Kohlenstoffatome und fünf Wasserstoffatome (C6H5) eingehen würden. Da der zugehörige Chemieunterricht ca 25 Jahre zurück liegt, wurde es ein recht mühseliges Kombinieren, führte aber zu etwas, das dem Sechseck der freundlichen Nachbarin doch sehr ähnlich sah.
Jedes Kohlenstoffatom braucht vier Elektronen zum Füllen der äußeren Schale, wobei es sich zwei von einem anderen Kohlenstoffatom holt, indem es sich mit diesem über zwei Paarbindungen koppelt, eines von einem weiteren Kohlenstoffatom und das letzte von einem Wasserstoffatom. Die C-Atome ordnen sich dabei zu einem Ring bzw Sechseck an, an dessen Ecken die fünf H-Atome hängen. Die H-Atome haben durch dieses Einfangen ebenfalls ihre kleinere Schale mit zwei Elektronen voll besetzt.
Da nur 5 Wasserstoffatome zur Verfügung stehen, bleibt am Ende ein Kohlenstoffatom mit einer Lücke übrig. Dort kann eine weitere Bindung stattfinden.
WOW!
NH2 und CH3 sind für einen Laien dagegen leichter aufzulösen.
Beim NH2 binden sich die beiden H an das N, wobei die Hs voll besetzt sind und dem N ein weiteres Elektron zum Auffüllen der zweiten Schale fehlt.
Beim CH3 ist es ähnlich. Die drei H binden sich ans C und dem C fehlt ein weiteres Elektron zum Auffüllen der zweiten Schale.
Da sowohl C6H5 als auch NH2 und CH3 jeweils eine Stelle haben, an die noch je eine Elektronnenpaarbindung zum Andocken entstehen kann, muss für eines der drei Atomgrüppchen das Schild aufgestellt werden: Wir müssen draußen bleiben. Nur zwei der drei Moleküle können sich miteinader verbinden.
Oder in den Worten der Nachbarin: "Also irgendwie fehlt da was."
Würde man von der Gruppe NH2 ein H entfernen, hätte diese zwei Enden, an denen sich die anderen beiden zu C6H5.NH.CH3 ankoppeln könnten - zumindest erscheint es Wolfgang als Nichtchemiker so, dass das funktionieren müsste. Im Netz fand sich dann auch eine solche Verbindung. Allerdings schien diese nichts mit Glücksgefühlen oder gar Liebe zu tun zu haben.
Anders das Phenethylamin (C6H5.CH2.CH2.NH2 oder kurz C8H11N). Die Wikipedia meint: "Phenethylamin kommt im Bittermandelöl und in Kakaobohnen vor. Es wurde auch im Gehirn [...] nachgewiesen" (Zitat vom 9.3.2009). Schokolade macht schließlich auch glücklich. Aber: Das Phenethylamin ist ätzend, also besser nicht als Liebesdroge zu verwenden!
Letzlich blieb Wolfgang beim Dopamin (C8H11NO2) hängen, das im Gegensatz zum Phenethylamin zusätzlich zwei Sauerstoffatome besitzt. Das Dopamin wird auch als Glückshormon bezeichnet, und damit kommt es dem, was Elke Heidenreich uns sagen wollte, wohl am nächsten.
Was genau die gute Elke aber wirklich meinte, bleibt uns verborgen. Ob sie die Formel nur falsch aufgeschnappt hat wissen wir nicht. Vielleicht hat sie uns auch absichtlich hinters Licht führen wollen.
Denn was bleibt schließlich als Essenz?
C6H5(NH2)CH3 ist so unmöglich wie der Versuch, die Liebe mit wissenschaftlichen Methoden zu erklären.
In diesem Sinne:
Lieben sie, aber versuchen Sie nicht, die Liebe zu erklären.
(WSS)
PS:
Fehlerhafte und/oder laienhafte Darstellungen oder Erklärungen bitten wir zu entschuldigen.