14.04.2008
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Vorab: Dieser Artikel ist einer derjenigen der Montagsseiten, der ohne Witz und Satire geschrieben wurde. Ich bitte daher um einen respektvollen Umgang mit den vorgelegten Gedanken. Desweiteren sind Fehler in meinen Überlegungen und Folgerungen nicht ausgeschlossen, auch wenn ich sie für unwahrscheinlich halte. Der Artikel darf gern als Anregung zur Diskussion verstanden werden. Gegenargumente sind erwünscht und werden ggf auch hier veröffentlicht.
Doch nun zum Thema:
Der Gebetsraum der Selimiye-Moschee in Lünen, die vor zwei Wochen feierlich eröffnet wurde, sollte in Richtung der Kaaba, dem zentralen Heiligtum des Islam in Mekka, ausgerichtet sein. Nach der Eröffnung der Moschee und der strikten Erklärung anwesender Muslime, dass der Gebetsraum streng Richtung Mekka weist, war es zunächst nur eine kleine Spielerei von mir, diese Aussage zu überprüfen. Das Ergebnis hat mich doch ein wenig verunsichert.
Das Folgende ist nun zunächst mal meine individuelle Meinung, meine persönliche Erkenntnis: Ich glaube, der Lünener Gebetsraum verfehlt Mekka recht deutlich, ist also keineswegs so exakt ausgerichtet, wie es die Muslime mir erklärten. Aber soweit ich das nach den Gesprächen mit den Menschen vor Ort begreife, sind die Gläubigen selbst der Meinung, das Bauwerk sei korrekt ausgerichtet, wurden also möglicherweise ebenso falsch informiert. Nach meiner Ansicht beten die Muslime eher in Richtung Libysch-Ägyptischer Grenze als nach Saudi-Arabien.
Bei weiteren Recherchen zu Moscheen in Deutschland habe ich nur wenige Gebäude mit einer exakten Ausrichtung nach Mekka entdeckt. Bei einigen mag es an Bauvorschriften liegen, wenn z.B. das Gebäude in angrenzende Grundstücke und den Straßenverlauf eingepasst werden muss. Zudem ist es denkbar, dass die Gebetsrichtung innerhalb einer Moschee nicht nach den Außenmauern ausgerichtet ist, denn die Nicht-Mekka-Richtung ist manchmal einfach zu deutlich als dass man es auf einen Planungsfehler und Unwissenheit begründen könnte.
In Lünen jedoch ist die Gebetsrichtung auf das Gebäude abgestimmt. Und da ich davon ausgehe, dass die mir zur Vefügung stehenden Karten und die Luftaufnahmen der Roonstraße keine so gravierenden Abbildungsfehler zeigen, stimmt die Gebetsrichtung dann doch nur ungefähr, was ich bei einem sorgfältig geplanten Neubau nicht erwartet hätte.
Da die Menschen im festen Glauben sind, dass alles exakt gebaut wurde, kann ich nur vermuten, wie es zu dem von mir behaupteten Fehler kommen konnte. Möglicherweise haben Architekten keine oder unzureichende mathematischen Kenntnisse über die Geometrie der Erde als Kugel. Im Normalfall, wenn es in der städtischen Planung um streng eingegrenzte Bereiche der Erdoberfläche geht, ist dieses Wissen auch nicht nötig. Im Fall des Moscheebaus aber, in dem die Planung auf weit über 4000 Kilometer der gekrümmten Erdoberfläche ausgedehnt wird, dürfte man nicht mehr mit der Geometrie der Ebene arbeiten. Die Planung wird automatisch falsch, denn eine flache Weltkarte auf Papier ist nur ein verzerrtes Abbild der dreidimensionalen Erdkugel.
Im vorliegenden Beispiel der Selimiye-Moschee könnte das so oft gesehene Kartenmaterial der sogenannten Mercatorprojektion verwendet worden sein. Gerade diese Karten sind aber eine stark verzerrte Version der wirklichen Welt und somit ungeeignet für eine derartige Planung. Afrika beispielsweise ist in Wirklichkeit fast 14 mal größer als die Insel Grönland. Auf der Mercatorkarte erscheinen beide Flächen aber beinahe gleich groß.
Tatsächlich stimmt die Ausrichtung der Lünener Moschee in etwa mit der Position von Mekka auf einer Mercatorkarte überein. Es könnte also sein, dass der verantwortliche Architekt dieses oder ein ähnliches Kartenmaterial für seine Planung benutzt und das Gebäude damit falsch ausgerichtet hat.
Tatsächlich würde selbst ein Gummiband, das man über einen Globus von Deutschland nach Saudi-Arabien spannt und ausmisst, zu einem kleineren Richtungsfehler als die Mercatorprojektion führen.
Nun - es besteht noch immer eine Chance, dass ich mich irre.
Wolfgang Schmidt-Sielex
Bildbeschreibungen folgen unter jedem Bild.
Vorbildlich ausgerichtet: Die Şehitlik-Moschee in Berlin-Neukölln.
Die rote Linie weist Richtung Mekka
(Originalbild-Quelle: Google Earth)
Ebenfalls ziemlich genau ausgerichtet: Die Moschee in Bergheim-Pfaffendorf.
Auch hier weist die rote Linie Richtung Mekka
(Originalbild-Quelle: Google Earth)
Die Koblenzer Tahir-Moschee liegt ebenfalls noch recht gut. Das Bildmaterial lässt nur erahnen, dass sie vermutlich etwas zu weit südlich ausgerichtet ist.
Blaue Linie: Ausrichtung des Gebäudes
Rote Linie: Richtung Mekka
(Originalbild-Quelle: Google Earth)
Der noch nicht fertiggestellte Neubau der Großmoschee in Duisburg-Marxloh weicht stark von der bevorzugten Richtung ab. Vielleicht wird hier aber der Gebetsraum nicht an den Außenmauern orientiert?
Blaue Linie: Ausrichtung des Gebäudes
Rote Linie: Richtung Mekka
(Originalbild-Quelle: Google Earth)
Fast identische Richtung wie in Duisburg. Diese Moschee in Bergisch-Gladbach ist stark nach Süden ausgerichtet. Dabei gab die Straße hier schon die richtige Richtung vor.
Blaue Linie: Ausrichtung des Gebäudes
Rote Linie: Richtung Mekka
(Originalbild-Quelle: Google Earth)
Die Mercatorkarte zeigt nur in Äquatornähe korrekte Verhältnisse. Im Norden und Süden gibt es starke Verzerrungen. Die Erdteile werden viel größer dargestellt als sie tatsächlich sind.
(Originalbild-Quelle: de.wikipedia.org)
Diese beiden Bilder zeigen noch einmal die Richtung Mekkas von Lünen aus. Für die Abbildung der Weltkugel wurde die Stadt Lünen in einer exakt senkrechten Ansicht eingestellt, steht also im Verhältnis zur gesamten Erdkugel genau mittig. (Hier ist nur der relevante Bildausschnitt gezeigt.)
(Originalbild-Quellen: Mercatorkarte von de.wikipedia.org, Erdkugel von Google Earth)
Zum Schluss hier noch einmal die beiden unterschiedlichen Linien aus der Mercatorprojektion und der Weltkugel. Nur der Globus zeigt die wahre Richtung an.
(Originalbild-Quelle: Google Earth)