Über das Greif und seine letzten Partys
19.12.2022
2020 musste die Planung einer großen Privatparty wegen Corona abgebrochen werden. In diesem Sommer konnte ich sie nach langem Hin und Her nachholen, und zwar in der Gaststätte "Das Greif" in Lünen. Zwar drohte eine erneute Corona-Welle auch diesmal die Party zu beenden, bevor sie überhaupt begann, aber mit einem strikten Hygiene-Konzept und Absprachen mit allen Gästen konnte sie dann doch stattfinden. Covid-bedingt gab es eine ganze Reihe kurzfristiger Absagen, aber alle, die dabei sein konnten, hatten die Feier gesund erreicht und auch gesund wieder verlassen können.
Musikalisches Konzept der Geburtstagsparty war, für jedes Lebensjahr einen einzigen Song aus der entsprechenden Zeit zu spielen - meist weil er in dem Jahr veröffentlicht wurde oder in den Charts war, vereinzelt aber auch, weil er in dem Jahr eine besondere Bedeutung für mein Leben hatte. Für 2022 wurde es der zwei Jahre zuvor veröffentlichte Song "Der letzte Tanz" vom deutschen Musiker Bosse, den wir kurz zuvor auf einem Live-Konzert erlebt hatten.
Zum Zeitpunkt der Party hatten wir als Außenstehende die Information, dass die Finanzierung für eine Weiterführung der Gaststätte "Das Greif" gesichert sei. Wirt Bob Michaels wollte das Greif kaufen und den Betrieb weiterführen. Kurz danach klangen die Informationen nicht mehr ganz so gesichert, und heute sind wir soweit, dass tatsächlich der letzte Tanz im Greif getanzt wurde. Der Abriss steht bevor.
Mitte Juni hatten wir Bosse bei einem Live-Konzert auf Phoenix West in Dortmund gesehen, wo "Der letzte Tanz" ausgiebig zelebriert wurde. Nach dem Konzert entschied ich spontan, dass dieser Song der letzte der vorbereiteten Playlist werden sollte. Heute steht das Lied für mich symbolisch auch für das Ende des Greifs. Nach vielen tollen Feiern und Konzerten erlebten wir im Sommer noch einmal eine großartige Party - für fast alle Anwesenden die erste dieser Art seit Ausbruch der Pandemie. Viele von den Gästen tanzten an diesem Abend ihren allerersten Tanz im Greif, für die meisten war es dann auch der letzte, freilich ohne dass wir das zu dem Zeitpunkt wissen konnten.
Ich selbst habe meine "Greif-Wellen" mit Höhen und Tiefen gehabt. Ich habe dort im Laufe der Jahrzehnte einge tolle Feste gefeiert und war in den 90ern, als die Gaststätte noch "Zum Greif" hieß, sogar Mitglied des Service-Teams. Ich habe Nächte durchgekellnert, das Team und die (meisten) Gäste geschätzt und die Zeit genossen. In manchen Jahren war ich immer auch mal seltener dort, und in der Zeit der "Blues-Lounge" (oder wie das Ding zwischendurch und glücklicherweise nur kurz hieß) war ich niemals da. Mit Bob bin ich langsam wieder zurück gekehrt und letztlich, trotz nicht ganz regelmäßiger Anwesenheit, wieder in der alteingesessenen Stammtischgruppe von damals gelandet. Das Greif war zuletzt besser als ich es jemals zuvor erlebt hatte.
Am vergangenen Wochenende liefen die letzten beiden Veranstaltungen mit Publikum. Viele Menschen sagen Danke. Und manche singen noch ein bisschen, sowohl als Erinnerung ans Greif als auch als Ankündigung, dass im Leben immer auch unvorhergesehene Dinge passieren können:
Alles geht einmal vorbei.
Nix is' für immer,
also tanzt, als wär's der letzte Tanz,
und küsst, als wär's der letzte Kuss!
(WSS)